Die Logistikbranche steht vor einem radikalen Umbruch. Wie andere Bereiche der Wirtschaft auch, zieht das Online-Zeitalter in der Branche ein und damit ganz neue Player auf einem Markt, der bisher von traditionellen Speditionsunternehmen angeführt wurde. Die neuen Mitspieler im Wettbewerb um die Zukunft der Transportdienstleistungen heißen Amazon und Uber. Während Amazon schon lange nicht mehr nur ein Buchhändler im Internet ist, sondern sich in alle möglichen Bereiche ausbreitet, ist Uber, ein Unternehmen, das zunächst das Taxigewerbe aufmischte, ebenfalls auf dem Vormarsch im Speditionsgewerbe. Was bedeutet das für den Logistiksektor und können Amazon und Uber auch diesen Wirtschaftsbereich umkrempeln? Dies versuchen wir im folgenden Beitrag zu erläutern und Antworten zu finden.
Amazon und Uber mischen Paketdienste auf
Für Amazon ist der Schritt in die Logistikbranche eine logische Konsequenz aus seinem Geschäftsmodell. Der Handel mit nahezu allem, was gehandelt werden kann, soll so effizient und billig wie möglich werden. Dabei geht es Amazon in erster Linie darum, seine Abhängigkeit von etablierten Paketdienstleistern zu reduzieren. Mit Amazon Flex startete das Unternehmen September einen Zustelldienst, bei sich Privatfahrer registrieren können und über ihre Arbeitszeiten selbst entscheiden können. Den Stundenlohn, der dabei erzielt wird, gibt Amazon mit 18 bis 25 US-Dollar an. Mittlerweile gibt es den Dienst auch in Berlin.
Für Uber stellte sich die Frage, warum man mit der modernen Organisation von Fahrdienstleistungen per App nicht nur Menschen, sondern auch Pakete transportieren soll. Bereits zwei Monate vor Amazon gründete das Unternehmen konsequenterweise den Dienst Uber Rush. In New York verbindet nun eine Uber-App Fahrradkurriere mit ihren Kunden. Das Prinzip funktioniert genau wie bei dem bekannten Taxidienst Uber-Rideshare.
Wenn Konzerne wie Amazon und Uber in ein neues Geschäftsfeld expandieren, tun sie das grundsätzlich mit dem Anspruch, eine ganze Branche aufzuwirbeln. Die Logistik-Sparte der US-Wirtschaft, die auf einen Wert von 800 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, ist für beide ein interessanter neuer Markt, den es zu erschließen gilt. Die Expansion soll keineswegs in den Städten enden. Langfristig wollen Uber und Amazon auch in den Langstrecken-Liefermarkt eindringen. 2016 Kündigte Uber an, mit Uber Freight LKW-Fahrer verbinden zu wollen. Amazon zug mit einem ähnlichen Angebot nach. In der Zwischenzeit haben beide in einen anderen Bereich expandiert: Amazon Fresh und Uber Eats liefern in Städten frische Lebensmittel aus.
Infografik: Wie Amazon und Uber den Logistik-Markt aufmischen
In der folgenden Grafik hat trademachines zusammengefasst, wie Amazon und Uber auf den Logistikmarkt vorstoßen. Auf dem Land, auf dem Wasser und auf der Luft sind die beiden Unternehmen auf dem Vormarsch und befinden sich in einem harten Wettkampf um die Vorherrschaft. Amazon vs. Uber: Wo sie stehen und wo sie hinwollen.
Werfen wir zunächst einen Blick auf das, was die Konkurrenten bereits entwickelt haben. Amazon dringt beim Transport auf dem Land, in der Luft und auf See schnell in den Markt vor. Doch auch Uber macht mit zahlreichen innovativen Entwicklungen von sich reden.
Amazon geht mit großen Schritten voran
Der Handelskonzern, der als Online-Buchhändler groß geworden ist, hatte 2016 eine Uber-ähnliche App angekündigt, die den Langstrecken-Liefermarkt revolutionieren sollte. Im Oktober 2017 veröffentlichte das Unternehmen dann eine App mit dem Namen Relay. Diese erlaubt es LKW-Fahrern, Informationen über ihre Ladung zu speichern, die dann mit einem QR-Code ausgelesen werden können. Das erleichtert die Ein- und Ausfahrt in Warenlagern, ist aber noch nicht der große Wurf, der im Vorjahr angekündigt wurde. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass es sich um eine Vorgängerversion der erwarteten App handelt.
Amazon hat 2015 einige eigene Lastzüge erworben und arbeitet zudem an der Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Mit dieser Technologie können LKW bald ganz ohne Fahrer unterwegs sein. Die geplante Fahrer-App die der Konzern aus Seattle plant, soll ähnlich funktionieren wie das Uber-Konkurrenzmodell Freight. Damit können Fahrer direkt mit ihrer Ware zusammengebracht werden, was die Planung und Abwicklung von Transporten erheblich erleichtern soll. Mit dieser App soll ein direkter Draht zwischen LKW und Lieferant hergestellt werden.
Doch Amazon arbeitet nicht nur an einer Revolution bei der Spedition auf der Straße. Schon seit Dezember 2016 nutzt der Handelsriese eigene Drohnen, die Pakete zu seinen Kunden transportieren. Auch Uber ist auf diesem Gebiet nicht untätig und testet fleißig die Lieferung mit unbemannten Flugobjekten. Doch in der Luft ist Amazon nicht nur auf der kurzen Strecke, der berühmten letzten Meile unterwegs. Das Unternehmen mietet mittlerweile 40 Flugzeuge des US-Herstellers Boeing für Lufttransporte. Damit bewegt sich Amazon im Bereich der weltweit größten Luftfracht-Unternehmen. In China hat sich der Konzern zudem bereits als Seefracht-Dienstleister registrieren lassen. Das gibt einen weiteren Ausblick, wo Amazon in Zukunft mitspielen will.
Uber will die Logistik-Branche intelligenter machen
Uber Freight überträgt das Modell, mit dem das Unternehmen in der Taxibranche schnell berüchtigt wurde auf das Geschäft von Speditionsunternehmen. Ein Blick auf die üblichen Abläufe im Transportgewerbe offenbart schnell, worin hier der Vorteil liegt. Während üblicherweise ein sogenannter Broker (Vermittler) den Kontakt zwischen Lieferanten und Speditionen herstellt, werden diese mit der Uber App direkt verknüpft. Dadurch wird in der Logistikbranche ein Schritt übersprungen, was Geld, Zeit und Ressourcen einspart.
Noch vor der Entwicklung von Uber Freight kaufte Uber im Juli 2016 den auf autonome LKW spezialisierten Fahrzeugbauer Otto. Damit manifestierte das amerikanische Internetunternehmen seinen Einstieg ins LKW-Geschäft.
Mit diesen beiden Angeboten setzt Uber auf zwei Trends in der Branche: Vernetzung und das autonome Fahren. Genau wie Amazon will es damit den Markt neu entwickeln und moderne Lösungen für Transportdienstleistungen anbieten. Eine andere Frage ist, ob Uber wie auch Amazon in der Logistik-Branche die gleiche einschlagende Wirkung erzielen werden können, wie ihnen das in ihren ursprünglichen Betätigungsfeldern gelungen ist. Der Einzelhandel und die Taxibranche waren beide nicht auf die moderne Konkurrenz aus dem Netz vorbereitet.
Welche Chance haben Amazon und Uber im Wettbewerb der Logistiker?
Zwar entwickeln beide Unternehmen interessante Produkte, um die Logistik-Branche in das moderne Zeitalter zu überführen. Anders als der Buchhandel und später der stationäre Einzelhandel im Fall von Amazon sowie die Taxibranche im Fall von Uber trifft diese Konkurrenz die Logistiker keineswegs unvorbereitet.
Logistik-Broker entwickeln bereits seit einiger Zeit eigene Programme, um ihre Branche in das neue Zeitalter zu überführen. Die Angebote von Uber und Amazon sind damit keineswegs einzigartig. Freighthub, Cargonexx oder Instafreight sind nur einige Beispiele von Unternehmen, die in Deutschland an effizienteren Lösungen für das Transportgewerbe arbeiten. Ihre Angebote ähneln den Entwicklungen von Uber und Amazon sehr. Doch auch wenn die beiden Konzerne in dieser Branche keine Monopolstellung erreichen können, sind ihre Angebote vor allem für mittelständische Unternehmen interessant, die zu günstigen Preisen die Effizienz ihrer Lieferketten steigern können. Das Kapital, das Uber und Amazon mitbringen ist auch nicht zu unterschätzen. Beide sind gerüstet, sich einem langen und harten Wettbewerb zu stellen.